Whisky Review #102: Tomatin 2013 / 2018 Virgin Oak - Distillery Exclusive

Tomatin 2013 / 2018 Virgin Oak im Glas

Heute komme ich zu einem Whisky, der seit dem Sommer in meinem Schrank steht und sehnlichst auf eine Verkostung wartet: Ein Virgon Oak Einzelfass von Tomatin, welches ich als Handfilled aus dem Urlaub mitgebracht habe. Wenn Ihr meinen Blog länger verfolgt, dann wisst Ihr, dass Virgin Oak Reifung eigentlich nicht so meine Welt ist, aber heute will ich es noch mal wissen, denn hier geht es nicht um ein Finish, sondern eine Vollreifung!

JungFräuliche Eiche

Der heutige Whisky ist in einem "Virgin Oak" Fass gelagert worden. Viele wissen bestimmt, was das heißt, aber einigen wird dieser Begriff unbekannt sein und damit auch sicherlich seltsam vorkommen! Normalerweise werden Whiskys in Fässern gelagert, die vorher eine andere Flüssigkeit beinhaltet haben. Der Großteil der Fässer stammt aus der Bourbonherstellung, da die Produzenten von Bourbon ihr Fass nur einmal verwenden dürfen - also ohne vorherige Belegung. Das Fass ist danach für die Industrie eigentlich wertlos, doch zum Glück nehmen die Schotten diese Fässer gerne ab. Je nachdem, wen man fragt, bekommt man eine Antwort, das ca. 70-80% aller Scotch-Fässer vorher Bourbon beinhaltet haben ("Ex-Bourbon"). Der bedeutend kleinere Teil verteilt sich also auf Sherryfässer, vor allem Oloroso und Pedro Ximenez, und nur zu einem verschwindend geringen Prozentsatz auf andere "Exotenfässer", wie z.B. Rotwein, Weißwein, verschiedene Süßweine oder eben "Virgin Oak". 
Unter dieser jungfräulichen Eiche ist eigentlich das gleiche zu verstehen, wie das Grundfass der Bourbonherstellung: Ein ganz frisches Eichenfass. "Virgin Oak" Fässer sind also jungfräulich, da sie noch nicht für die Reifung verwendet wurden. Der Vorteil? Die Fässer sind extrem aktiv, frisch und geben in sehr kurzer Zeit sehr viele Aromen ab. Der Nachteil? Die Fässer sind sehr aktiv! Nach einer allzu langen Lagerzeit werden Whiskys aus frischer Eiche sehr holzig und unausgewogen, daher verwendet man diese Fässer fast immer zur Nachreifung (wie z.B. bei den aktuellen GlenAllachie Abfüllungen). Eine reine Virgin Oak Lagerung ist selten, aber daher ist dieser Whisky umso spannender! Und ja, um den drückenden Eichenaromen zuvor zu kommen, wird dieses Fass sehr jung angeboten. In meinem Fall war der Whisky noch keine 5 Jahre alt. So, jetzt schauen wir mal, ob wir hier eine Schrankwand finden, oder doch feinere Aromen hervorkommen! 

Tomatin 2013 / 2018 Virgin Oak (Distillery Only) - Verkostungsnotizen

Tomatin 2013 / 2018 Flasche und Glas

Über den Whisky: Diese Flasche Tomatin habe ich im Sommer 2018 selbst abgefüllt. Mittlerweile kann es also gut sein, dass schon ein Nachfolgefass angeboten wird. Gebrannt wurde der Malt am 29.9.2013 und die Abfüllung erfolgte in meinem Fall am 18.7.18. Zu dieser Zeit hatte der Whisky noch stolze 62,3%. Gelagert wurde ausschließlich in einem Virgin Oak Fass (#3428), ich habe die 120. Flasche abgefüllt.

 

Aroma: In einer Blindverkostung würde ich auf einen Bourbon tippen, kein Zweifel! Jetzt weiß ich es zwar besser, aber dennoch ist die Assoziation überwältigend. Ich habe volle Vanille, Eiche, Gewürze (Kardamom, Nelke) und tatsächlich ein wenig Kleber. Manche würden vielleicht auch Minze finden. Nach einiger Zeit öffnet sich die Vanillenote weiter und geht in eine Gebäck und Zuckerrichtung. Insgesamt eine absolut aus der Reihe fallende Abfüllung, so viel ist mal sicher!

 

Geschmack: Mundausfüllend, kräftig, sehr ölig und zunächst sehr angenehm. Dann beißt der Alkohol richtig zu und das Mundgefühl wird prickelnd und zum Abgang hin recht scharf. Im Geschmack geht es um eine Mischung aus Süße und Holz. Ohne Wasser würde ich den Whisky keinesfalls als harmonisch beschreiben, vielmehr ist hier ein richtiger Kampf in Gange: Die Fasssüße kämpft gegen die Eiche und von hinten schleicht sich der kräftige Brennereicharakter an (den Werbespruch mit der "Softer Side of the Highlands" finde ich absolut falsch, so "soft" ist Tomatin für mich nicht!). Vanille, Waldhonig, Eiche und Sägespäne, dazu Kräuter. Eine richtige Achterbahnfahrt. Ich gebe Wasser hinzu...

 

mit Wasser: Jetzt weiß ich wieder, warum ich diesen Whisky gekauft habe! In der Nase kommt eine tolle Kirschnote hervor. Woher? Keine Ahnung! Der Kampf im Mund legt sich auch stark und die Süße und die Holznote gehen beide etwas zurück, finden zueinander und versuchen eher einen schüchternen Tanz. Ich habe weißen Pfeffer, Vanille, Keksteig, frisch aufgebauten Schrank und ein wenig Malz. Deutlich angenehmer als mit den vollen 62,3%

 

Abgang: Ohne Wasser geht der Kampf weiter, aber die Eiche obsiegt auf jeden Fall. Kräftig, prickelnd, trocken und nach einigen Minuten schon fast staubig im Mund. Ingwer, Holz und nur eine letzte Zuckung der Süße verbleiben. Auch hier warte ich auf etwas Wasser.

 

mit Wasser: Im Abgang wird es auch etwas zahmer. Die Schärfe ist weg und auch vom Staub ist nicht mehr viel zu spüren. Holznoten im Whisky sollte man dennoch mögen!

 

Abschließende Gedanken: Dieser Whisky ist ein Chamäleon, eine Achterbahnfahrt, etwas ganz anderes. Erst erscheint er wie ein Bourbon, dann ist er jung, wild und ungestüm, aber ohne dabei "schlecht" zu sein. Seine Virgin Oak Lagerung kann er keinesfalls verstecken, aber es geht hier ja auch ums zelebrieren dieser Lagermethode. Mir gefällt der Whisky, obwohl ich eigentlich kein VO Fan bin. Aber er ist spannend, herausfordernd, natürlich auch eine Urlaubserinnerung und auch mal wieder ein Beweis, dass junger Whisky spannend sein kann!

 

Kategorie: Scotch Single Malt Whisky

Destille: Tomatin

Region:  Highlands

Preis: 51-100€ (~70€ )

62,3%

Kältefiltration: Nein

mit Farbstoff: Nein

Gelagert in: Virgin Oak
Fassnummer: 3428 

 

Mehr Informationen:

Whiskybase

Tomatin

Tomatin auf A Dr(e)am of Sea 

 

Abschließende Bewertung: 6/7

Aromenübersicht Tomatin 2013 / 2018 Virgin Oak Distillery Only

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