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Whisky Review #16: Wolfburn - Aurora "Potenzielles Potenzial"

In Quickly Reviewed #6 habe ich über den ersten offiziellen Wolfburn geschrieben. Der "First General Release" war mir bei einem Tasting über den Weg gelaufen und ich habe daraus lediglich ein kleines Review gemacht. Insgesamt ein durchaus interessanter Whisky, der mit seinem 3 Jahren natürlich nicht mit einer unendlichen Komplexität aufwarten konnte, aber ich erkannte dennoch ein gewisses Potenzial. Genauer gesagt habe ich mich so ausgedrückt:

"Definitiv ein spannender Whisky, der das Potenzial der Destille zeigt. Für einen dreijährigen schon einigermaßen komplex, wobei mir der Rauch im Geschmack und Abgang zu dominant war. Wolfburn werde ich aber definitiv wieder probieren!"

 

Nun, auf zwei Teile dieser "Abschließenden Gedanken" möchte ich gerne eingehen.

1. Hiermit kehre ich zu Wolfburn zurück und verkoste die Abfüllung Aurora. - Versprechen eingelöst!

2. In einer anschließenden Diskussion mit meinen Lesern wurde stark über das "Potenzial" diskutiert. Dabei ging es nicht unbedingt nur um das konkrete Potenzial im Falle von Wolfburn, sondern viel mehr um den Begriff und die Feststellung eines solchen.

Ein Leser hatte geschrieben, dass er gerne Reviews zu neuen Brennereien lesen würde und nur auf das Wort "Potenzial" lauern würde. Für ihn sei dies meist eine Rechtfertigung einer eigentlich zu hohen Bewertung und man könne zukünftige Abfüllungen doch gar nicht so richtig bewerten. Für mich war dies ein interessanter Standpunkt und die Diskussion hat mich definitiv zum nachdenken gebracht - daher auch dieses Review.

Vielleicht steckt Wahrheit in der Aussage, vielleicht ist es vermessen, anmaßend oder einfach bloß dämlich von "Potenzial" bei einer Abfüllung zu sprechen. Wie soll ich kleiner Whiskytrinker denn wissen, was alles von Wolfburn für die Zukunft geplant ist? Vielleicht änderte sich in den ersten Jahren auch noch viel in der Produktion, sodass es gar keine Möglichkeit eines Vergleichs oder einer Projektion in die Zukunft geben kann. Da ich in diese Prozesse keine Einblicke habe, wäre es seltsam einen Whisky anhand der Zukunft zu beurteilen. Bei einem 30 Jahre alten Glenglassaugh mache ich das ja auch nicht...

Zu meiner Ehrenrettung kann ich nur in den Ring werfen, dass ich den "First General Release" natürlich nicht positiver bewertet habe auf Grund eines potenziellen Potenzials. Ich fand den Whisky nicht schlecht, ganz spannend (vor allem durch die Fassauswahl) und habe dementsprechend eine solide Note gegeben. Man mag mir widersprechen, den Whisky nicht mögen und somit lieber  weniger Punkte vergeben, doch das ist subjektiv und halt persönlicher Geschmack.

Den oben zitierten Absatz meinte ich viel mehr so, dass ich mich auf die Zukunft freue. Wolfburn scheint in meinen Augen wirklich qualitativ guten Whisky zu brennen und eine längere Lagerung kann diesen Umstand eigentlich nur positiv beeinflussen. "Potenzial" war vielleicht nicht gut gewählt, es klingt ein wenig nach "der Whisky ist so ok, aber da ich an besseres glaube will ich ihn mal besser bewerten". Nichts läge mir ferner!

 

Wie sieht es nun also aus, sollte man von Potenzial sprechen?

Für mich ist es eigentlich nur eine  kleine Randnotiz, "Wortklauberei" wenn man so will. Ich denke, die Pflicht eines Whisky-Besprechers ist es, dass Glas, welches grade vor der Nase ist,  ist zu bewerten. Eine Bewertung zu verbessern, weil man an eine zukünftige Entwicklung glaubt wäre anderen Abfüllungen gegenüber unfair und würde auch den Anspruch einer Besprechung verfehlen. Der Hinweis - sozusagen über den aktuellen geschmacklichen Tellerrand hinaus - ist denke ich dennoch nicht verkehrt. Es kann sich hierbei ja auch um einen Mehrwert für die Leser handeln!

Ich persönlich ziehe die Lehre daraus, dass ich besser darauf achten werde die Bewertung von anderen Anmerkungen zu trennen. Die zweite Lehre ist es, dass schwammige Wort "Potenzial" durch eine genauere Ausführung zu ersetzen. Durch höhere Präzision lassen sich Missverständnisse vermeiden.

Die dritte Lehre: Ich sollte mehr Wolfburn trinken um die Entwicklung zu verfolgen! Daher bleibt keine andere Wahl für dieses Review. Los geht's:

Wolfburn Aurora Umverpackung
Der Wolf sieht allerdings doch seltsam aus...

Wolfburn - Aurora

 

Kategorie: Single Malt Scotch Whisky

Destille: Wolfburn (Highlands)

Preis: 0-50€ (45€)

46%

Kältefiltration: Nein

mit Farbstoff: Nein

 

Über den Whisky: Bereits in meinem Quickly Reviewed #6 habe ich etwas über die Brennerei geschrieben, aber ich wiederhole mich an dieser Stelle einfach: Die Brennerei Wolfburn in Thurso hat am 25.1.2013 mit der Produktion begonnen. Anfang 2016 war es damit möglich den ersten Whisky auf den Markt zu bringen. Der "Aurora" ist der zweite / drrite offiziell verfügbare Whisky von Wolfburn. Zusammen mit dem "Northland" kam er 2016 auf den Markt. Gelagert wurde sowohl in Hogsheads, wie auch in Sherryfässern, das Mischungsverhältnis liegt wohl bei ca. 70% Bourbon zu 30% Sherry. Abgefüllt wurde nicht gefärbt und ohne Kühlfiltrierung bei 46%, schön zu hören!

 

Nase: Direkt deutlich fruchtige Noten. Pfirsich, Nektarine. Irgendwie "saftig". Dazu ein bisschen Süße. Die Sherrynoten sind noch relativ frisch, nicht besonders tief und die Fruchtnoten daher wohl auch etwas heller. Die Bourbonfässer steuern eine Vanillenote bei. Ein wenig kühlend durch die 46% Alkohol. Ein schöner Einstieg!

 

Geschmack: Auch hier kommen direkt fruchtige Noten zum Vorschein. Wieder eher Richtung Pfirsich, denn Richtung Pflaume/Rosine. Zunächst sehr angenehm auf der Zunge. Eine leichte Süße gesellt sich zu den Früchten. Dann wird der Whisky trockener und etwas bissiger, aber immer noch nicht unangenehm. Das Mundgefühl ist leider trotz der 46% nicht ganz so voll wie erhofft.

 

Finish: Das Finish ist mittellang. Sherrynoten verbleiben am Gaumen, dazu etwas holzige Bitterkeit. Ganz hinten und nach viel suchen und überlegen vielleicht etwas Kakao und dunkle Schokolade.

 

Abschließende Gedanken: Mir gefällt der Aurora besser als die erste Abfüllung. Der Rauch fehlt komplett und kam somit wohl nur aus den Islay Fässern. Hier zeigt sich dafür eine ansprechende Sherryfass Reifung. Die Nase gefällt mir mit den Pfirsich-Aromen am besten, Geschmack und vor allem Abgang müssen dann etwas Punkte liegen lassen. Natürlich handelt es sich hier mit ungefähr 3 Jahre nicht um den komplexesten Whisky, aber insgesamt gefällt er mir gut. In dieser Preisklasse von knapp 50€ gibt es allerdings auch starke Konkurrenz, sodass der Aurora bei guten, aber nicht überragenden 5 Punkten landet.

 

Bewertung: 5/7

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